Die Höhle
Im Norden Thüringen, im Nationalen GeoPark Kyffhäuser, nahe der Gemeinde Rottleben, liegt die sagenumwobene Barbarossahöhle – eines der außergewöhnlichsten Naturdenkmäler Europas. Kein Wunder, dass die Besucher schon im „Empfangssaal“ überwältigt äußern: „So eine Höhle haben wir noch nie gesehen!“ – schließlich ist sie ein absolute geologische Rarität – eine Anhydrithöhle – und davon gibt es weltweit nur noch eine weitere Schauhöhle: die Kungur Eishöhle im Ural.
Die ca. 800 m lange, erlebnisreiche Wanderung durch Barbarossas unterirdisches Reich voller Wunder und Geheimnisse beginnt am Tor des 160 m langen Eingangsstollens. Der Stollen ist schnell durchschritten, und wir gelangen in den weiträumigen, 70 m unter der Erde liegenden „Empfangssaal“.
Mit 9°C Luft- und 8,5°C Wassertemperatur sowie 95 % relativer Luftfeuchtigkeit herrschen in der Höhle ganzjährig gleich bleibende klimatische Bedingungen. In den beiden bis zu 2 m tiefen kristallklaren Seen der „Neptungrotte“ spiegeln sich eindrucksvoll die interessanten Formstrukturen der teilweise nur 3 m hohen Grotte wider. Die Seen wirken viel flacher, weil durch die besonders starke Lichtbrechung der Grund hervorgehoben wird.
Spektakulär und weltweit einzigartig:
In der „Gerberei“ hängen einzigartige, über 1 m lange Deckenlappen bizarr von der Decke herab und erinnern an zum Trocknen aufgehängte Felle und Häute. Das Höhlengestein Anhydrit (Kalziumsulfat, CaSO4) saugt die hohe Luftfeuchtigkeit auf (Hydration) und wandelt sich dabei in Gips um. Bei diesem Prozess nimmt das Volumen des Gesteins um etwa 60% zu. Infolge dessen schalt sich der vergipsende Anhydrit in Form großer Späne oder gewölbter Platten von den Decken und Wänden der Höhle ab. Für diese eigenartigen Deckengebilde hat sich in der Geologie der Name „Gipslappen“ etabliert. Sie wachsen je nach Bewetterung ungefähr 3 bis 5 Zentimeter in einem Jahrhundert und können gegenwärtig in keiner weiteren Schauhöhle der Welt besichtigt werden.
Wir setzen unseren Weg fort zum „Tanzsaal“, einem riesigen Hohlraum von 42 m Spannweite. Die bewundernswerte Deckenspieglung im mit 4 m tiefsten See der Höhle wird „Schweizer Landschaft“ genannt. Am ehrwürdigen steinernen „Tisch und Stuhl“ erweisen Sie dem alten Barbarossa Ihre Referenz. Friedrich I. lebte von 1122 bis 1190 und hat sich laut einer Urkundenerwähnung tatsächlich im Kyffhäusergebirge aufgehalten. Er ertrank auf dem dritten Kreuzzug ins Heilige Land im Fluss Saleph. Der Sage nach ist Barbarossa jedoch nicht gestorben, sondern er schläft in einem unterirdischen Schloss im Kyffhäuser, solange die Raben um den Berg fliegen. Er sitzt an einem Tisch von Marmorstein, durch den im Laufe der Jahrhunderte sein roter Bart gewachsen sein soll. Und wenn Sie Glück haben, sitzt er bei Ihrem Besuch sogar im so genannten „Tanzsaal“ auf seinem Stuhl. Dieser wurde aus großen Gesteinsblöcken eigens für ihn angefertigt. Bis der rote Bart dreimal um den Tisch herum gewachsen ist, wird bestimmt noch einige Zeit verge
en, aber dann steigt Barbarossa aus seinem unterirdischen Reich und wird der Erde für immer Frieden und Eintracht bringen…
Eine schmale Öffnung führt uns zum 25 m hohen „Olymp“, dem höchsten Raum der Höhle. Die ursprünglich flachen Hallen sind hier zusammengebrochen, so dass ein gewaltiges, chaotisch anmutendes Verbruchsgewölbe entstanden ist.
Beim Weitergehen werfen wir noch einen Blick in den 178 m langen Entdeckungsstollen, bevor wir die ganze Schönheit der „Grottenhöhle“ mit ihren drei Seen genießen. Der letzte See, der „Grottensee“, ist 3,50 m tief und 50 m lang. In ihm spiegelt sich das gesamte Deckengewölbe prächtig wider. Aufs Neue verzaubert uns die blaugrüne Färbung des Wassers, hervorgerufen durch die Lichteinstrahlung.
Am „Grottensee“ endeten früher die Führungen. Der nachfolgende Abschnitt bis zum 18 m hohen „Dom“ wurde erst nach 1926 erschlossen. Im „Dom“ regen formenreiche Alabastereinschlüsse und zahlreiche dunkle Flecken und Linien die Phantasie der Besucher an. Über den 1926 angelegten Ausgangsstollen gelangen wir schließlich wieder an das Tageslicht.